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Ich bin ein Betrüger und Heuchler

Die folgenden Zeilen machen vielleicht nicht viel Sinn für dich, aber du kannst das Stück Wahrheit darin vielleicht fühlen – und dich vielleicht erinnern, wie du dich als Kind gefühlt hast.

Zuerst – Storytime. Es war einmal…

Vor etwa 20 Jahren. Das war am Anfang, als das Chatten noch neu war und alle süchtig danach waren.
Da schrieb mich ein Mädl in einem öffentlichen Chat an – ich hatte sie vorher noch nie gesehen bzw mit ihr geschrieben. Und sie erklärt mir, das sie einen Traum hatte und in dem Traum war ein „höheres Wesen“ das mit ihr sprach und ihr eine Botschaft für mich mitgab.

Die Botschaft war: „Der Schlüssel ist Liebe“.

Ich hab bis heute nur bedingt Ahnung, was genau damit gemeint war. Leicht verwirrt hab ich mich an dem Abend in die Badewanne gelegt und als ich da so lag, war es als würde plötzlich eine Tür aufgehen. Es war, als würde mich eine Sonne aus Liebe anscheinen – eine Liebe, die ich kannte und extrem vermisste. Eine Form von intimster Liebe, von Geborgenheit, von Heimat wie man sie als Mensch normalerweise nicht kennt.

Neben dieser Liebe war das Gefühl, als hätte ich mich von dieser Liebe abgewendet und eine gewisse Traurigkeit darüber.

20 Jahre später habe ich erkannt, was diese Liebe ist – es ist die Liebe dieses Moments. Die Traurigkeit entsprang der Tatsache, das ich mich davon abgewendet habe. Dieser Moment, der immer da ist und jede Sekunde darauf wartet, das wir uns ihm zuwenden und endlich aufhören, vor uns selbst davonzulaufen. Es ist die Sonne, die immer scheint aber verdeckt wird von den Wolken unserer Gedanken, unserer vermeintlichen Story, unserer eingebildeten Persönlichkeit, all unserer Trauma aus der Vergangenheit, unserer Sorgen über die Zukunft – all den Dingen die wir wichtiger erachten als diesen Moment.

Jeder Gedanke ist ein Konstrukt, eine Idee, ein Vorschlag der uns aus dem jetzigen Moment führt. Jeder Gedanke führt dazu, das wir uns von diesem Moment abwenden. Jeder Gedanke ist im Grunde ein Betrug, ein Verrat an diesem Moment. Mit jedem Gedanken erhalten wir die künstliche Mauer, die uns von unserem wahren Wesen fernhält.

Wenn man in dieser extremen Begrenztheit des Verstands lebt und jedem Gedanken Glauben schenkt, leidet man naturgemäß. Nach Außen hin tun wir alle so, als wäre das völlig normal. Als würden wir nicht leiden, als würden wir nicht wahrnehmen, das etwas mit uns grundlegend nicht stimmt.

Dann werden wir zu Heuchlern und spielen etwas anderes vor, als wir fühlen – und füllen somit den Tank der Illusion, der Begrenztheit, des Betrugs an uns selbst. Und verkennen dabei, das wir alle das gleiche Problem haben.

Ein Problem, das in jeder Sekunde jeden Tages von Gedanken erschaffen und erhalten wird. Ein Problem, das wir auch in jeder Sekunde jeden Tages ablegen können – indem wir hier sind, uns diesem Moment zuwenden. Unseren Gedanken nicht mehr Realität geben als unseren Sinnen.

Wir sind immer frei. Selbst wenn wir unseren Gedanken Glauben schenken, nicht frei zu sein, sind wir frei. Wir sehen es nur nicht, weil die Wolken aus Gedanken es verdecken.

Wir alle kennen diesen jetzigen Moment aus unserer Kindheit. Wo wir ohne viel Gedanken durch die Welt gelaufen sind, glücklich und im „Jetzt“. Die Magie unserer Kindheit ist immer noch da – genau in diesem Moment, hinter unseren kritischen Gedanken. Genau jetzt.

Wir müssen nur ein wenig mutig sein und hinsehen.

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